Mut ist, auf der Straße Theater zu spielen

Ein Bericht von Carolin Merkel (Saarbrücker Zeitung)

Seit mehr als 15 Jahren eröffnen Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen in Ottweiler das Theaterfestival Spielstark für Kinder, Jugendliche und Familin. Gleich drei Gruppen begeisterten am Mittwochmittag auf dem Rathausplatz und machten Lust auf mehr.

Unübersehbar hängt das große Banner an der Fassade des Alten Rathauses in Ottweiler und kündigt Passanten die beliebte Veranstaltungsreihe „Spielstark“ an. Ab diesem Freitag, 14. März, heißt es zum inzwischen 23. Mal wieder Vorhang auf und Bühne frei für das Theaterfestival. Mit dem Kooperationspartner, dem Theater Überzwerg aus Saarbrücken, ist es auch in diesem Jahr wieder gelungen, ein abwechslungsreiches Programm für Kinder, Jugendliche und Erwachsene zusammenzustellen. Spielort ist neben dem Ottweiler Schloßtheater seit ein paar Jahren auch das Theater am Ring in Saarlouis.

Auf eine nicht ganz so lange Tradition kann eine Veranstaltung kurz vor der Eröffnung der Reihe zurückblicken. Doch mindestens 15 Jahre, das sind sich Dagmar Wiltz, Lehrerin am Gymnasium Ottweiler, und Ursula Jakoby, Jugendpflegerin in Ottweiler, einig, sorgt das Straßentheater in der Altstadt kurz vor der Eröffnung für Aufsehen und macht so ganz nebenbei Werbung für das Theaterspielen. Leider fanden am Mittwoch nicht ganz so viele Zuschauer den Weg in die Altstadt. Doch die, die dabei waren, erlebten gleich drei Gruppen, die vor allem mit ganz starken Botschaften überzeugten.

Der Auftakt lag in den Händen der Anton-Hansen-Gemeinschaftsschule. Unter der Leitung von Musik- und Kunstlehrer Dietmar Kempf, der kurz vor dem Start seinen Schülern noch letzte Anweisungen gab, hatte es sich die Gruppe zum Ziel gesetzt, Flagge zu zeigen. „Und die passen authentisch zu den Schülern. Hier stehen 15 Nationen gemeinsam vor dem Publikum“, betonte Kempf. Das sei nicht immer einfach, doch gerade die Projekte im Bereich Kultur, Musik und Theater schafften es, die Jugendlichen zu verbinden. Ein wenig bedauert der Pädagoge es, dass es an Gemeinschaftsschulen kein Fach „Darstellendes Spiel“ gibt, „das machen wir sozusagen so nebenbei“.

Seine Schützlinge machten ihre Sache gut. Während sie ihre Flaggen, selbstgemalt auf Din-A-4-Blättern hochhielten, rappte Mitschüler Fabian Schilling, 14 Jahre, zur selbst geschriebenen Musik: „Wir wollen Brücken bauen, wollen eine Welt ohne Grenzen.“ Den Text, erzählte der Schüler nach der Performance, für die es viel Beifall gab, habe er zusammen mit seinem Lehrer geschrieben. „Es ist wichtig, niemanden auszuschließen und Flagge zu zeigen“, waren sich die beiden einig.

Nach einer kurzen Pause startete die Klassenstufe elf des Ottweiler Gymnasiums unter der Leitung von Raphael Wünsch ihren Auftritt mit einem Weckerklingeln, gefolgt von der Frage „Warum?“ In den folgenden Minuten setzten sich die Jugendliche mit den Themen, die ein Schülerleben bestimmen, auseinander. Mobbing, dazu das tägliche Hamsterrad und die Frage, warum es überhaupt ein Abitur sein muss, thematisierten die Akteure. Die mit 20 Jugendlichen recht große Gruppe hatte dazu auch eine Choreographie erarbeitet. Zufrieden mit der Vorstellung zeigte sich Wünsch. Zwar werde im Unterrichtsfach Darstellendes Spiel auch Theorie unterrichtet und auch abgefragt, doch das Auftreten, das aus sich Herausgehen, das „sich was trauen“, sei entscheidend und werde von den Jugendlichen mitgenommen.

Sich was trauen und vor allem den Mut dazu haben, das hatten sich zum Abschluss die acht Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe zehn zum Thema gemacht. Sie hatten gemeinsam mit ihrem Lehrer Benedict Hoster und der Theaterpädagogin Ela Otto einen weiteren, beeindruckenden Auftritt vorbereitet. Im Mittelpunkt: eine Kiste. Der Inhalt zunächst noch unbekannt. Doch schließlich nahmen die acht Schauspieler all ihrem Mut zusammen und schauten hinein. Doch, was heißt es überhaupt, Mut zu haben, dieser Frage gingen sie nach. Am Ende zeigte die Truppe das auf ungewöhnliche und amüsante Weise zugleich: Mit einer Portion Senf aus der Tube, dem Biss in den grünen Apfel und dem großen Schluck aus einem Gurkenglas. Auch dafür gab es viel Applaus. Und letztlich, sagte Otto, sei es auch sehr mutig, überhaupt in der Öffentlichkeit Theater zu spielen und dabei auch noch etwas zu sagen zu haben.

 

Um Mobbing ging es bei dem Stück, das die Klassenstufe 11 des Gymnasiums Ottweiler präsentierte (Foto links). Was ist Mut? Das fragten die Schüler der Klassenstufe 10 bei ihrem Auftritt (rechts). Beide Fotos Carolin Merkel