Dem Abiturkurs des Faches Darstellendes Spiel des Gymnasiums Ottweiler wurde am 18. Dezember 2024 der Esther-Bejarano-Preis für die Szenencollage „Wir sagen NEIN!“ verliehen. Der von der Arbeitskammer des Saarlandes initiierte Preis ehrt jedes Jahr Film- und Theaterbeiträge von Schülerinnen und Schülern saarländischer Schulen, die ein Zeichen für Demokratie, Toleranz und Mitmenschlichkeit setzen. Die gelebte Erinnerungsarbeit der in Saarlouis geborenen Auschwitzüberlebenden Esther Bejarano wird mit diesem Preis geehrt und fortgesetzt.
Die 18 Schülerinnen und Schüler haben das prämierte Theaterstück zusammen mit ihrer Lehrerin Eva Risch konzipiert, geschrieben und einstudiert. Das Besondere daran: Alle haben sich eingebracht und Alltagsszenen unter Verwendung von eindringlicher Musik zu einem kleinen Kunstwerk gemacht. Doch wie haben sie Zuschauerinnen und Zuschauer zum Weinen gebracht und bei der Uraufführung beim Festakt zum 150-jährigen Bestehen des Gymnasiums Ottweiler Standing Ovations ausgelöst?
Sie sind Risiken eingegangen, haben provoziert und über die direkte Publikumsansprache betroffen gemacht. Das ist sehr mutig. Wer im Publikum lässt sich schon gerne als „dick“ oder „hässlich“ bezeichnen? Und „so deutsch sieht der neue Mitarbeiter ja nicht gerade aus, oder?“ Im Gerichtssaal wird das Vergewaltigungsopfer gefragt, was es denn anhatte und ob es nein gesagt hat. Da wird „de Neescha“ auf dem Fußballplatz oder der vermeintlich unfähige „Ausländer“ beim Tanzen mit „Du Schwuchtel!“ beschimpft. Das tut weh, man hört es nicht gerne. Die Schülerinnen und Schüler hat es teilweise Überwindung gekostet, in diese Rollen zu schlüpfen, doch sie haben ein Anliegen. Sie fühlen sich unwohl und verunsichert in einer Gesellschaft, in der Rassismus, Diskriminierung, Bodyshaming und Ausgrenzung wieder gesellschaftsfähig werden.
Im Alltag werden sie ständig mit rassistischen und diskriminierenden Sprüchen konfrontiert, ob auf dem Fußballplatz oder im Gym. Sie haben dafür eine hohe Sensibilität. Sie wollen die Aussagen nicht nur aussprechen, sie skandieren sie mit dem Bedürfnis, beim Publikum schlechte Gefühle und Unbehagen auszulösen. Sie wollen ihre Message über die Provokation vermitteln, denn sie sind wütend.
Sie sind wütend und sagen Nein zu einer Gesellschaft, in der jeder Mensch jederzeit zum Opfer werden kann, was bereits die Eröffnungsszene unmissverständlich zum Ausdruck bringt. Sie wollen sich an dieses Nein erinnern, wie auch immer sich die Gesellschaft weiterentwickelt. Auch die Zuschauerinnen und Zuschauer sollen sich an das eindringliche Nein erinnern, falls sie es mal vergessen, wenn es darauf ankommt.
„Haben die denn keine anderen Probleme?“ Doch, aber gerade weil sie bald Abitur machen und die Zukunft vor ihnen liegt, finden sie sich in dem intensiven Wunsch wieder, etwas Bedeutsames gegen die als beängstigend empfundenen Entwicklungen in der Gesellschaft zu gestalten und eine klare Haltung zu vermitteln. Es ist schön, dafür einen so tollen Preis wie den Esther-Bejarano-Preis zu bekommen. Was junge Menschen jedoch vor allem brauchen, sind mehr erwachsene Vorbilder.
(E. Risch)